George Soros: Der Mann, «der die Bank of England knackte» (2024)

Der 92-jährige Investor ist vor allem für sein politisches Engagement bekannt. In der Finanzwelt jedoch gelten vor allem seine halsbrecherischen Wetten ab den frühen 1970er Jahren als beispiellos.

Lorenz Honegger

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George Soros tritt mit 92 Jahren kürzer und übergibt die Geschicke seiner Wohltätigkeitsstiftungen an seinen 37-jährigen Sohn Alex, wie am Sonntag bekannt wurde. Das Milliardenvermögen der Open Society Foundations stammt aus Soros’ Tätigkeit als Hedge-Fund-Manager. In den aktiven Jahren seines Quantum Fund erzielte er eine jährliche Durchschnittsrendite von 20 Prozent. Seine halsbrecherischen Wetten ab den frühen 1970er Jahren gelten heute noch als beispiellos.

Die Geschichte von Soros’ grösster Wette spielt im Sommer 1992 und liest sich heute wie ein Finanzkrimi. Der Eiserne Vorhang war vor kurzem gefallen, und in Europa standen die Zeichen auf Integration. Soros ahnte, dass sich auf den Devisenmärkten ein Sturm zusammenbraute.

Die Notenbanken Westeuropas koordinierten in dieser Zeit ihre Wechselkurse im Europäischen Währungssystem. Für die gegenseitigen Wechselkurse von D-Mark, Pfund oder Lira galten fixe Bandbreiten, an die sich die Notenbanken halten mussten. Die europäische Wirtschaft sollte dadurch robuster und weniger anfällig für Wechselkursrisiken werden.

Soros sah voraus, dass das Währungsgebilde den Marktkräften nicht ewig würde standhalten können. Die Chance für seine Wette kam, als die deutsche Regierung im Zuge der Wiedervereinigung Ostmark in D-Mark umtauschte, massiv in den Aufbau der ostdeutschen Wirtschaft investierte und so einen Inflationsschub auslöste. Weil die deutsche Bundesbank danach die Leitzinsen erhöhte, mussten die anderen europäischen Notenbanken Massnahmen ergreifen, um eine Abwertung ihrer eigenen Währungen zu verhindern.

Soros setzte darauf, dass die britische Notenbank angesichts der schwächelnden Wirtschaft es nicht schaffen würde, den Pfundkurs gegenüber der D-Mark über längere Zeit in der vordefinierten Bandbreite von plus/minus 6 Prozent zu halten.

Sein Stellvertreter, Stanley Druckenmiller, schlug ihm vor, für eine Wette auf einen fallenden Pfundkurs gegenüber der D-Mark zwei Milliarden Dollar einzusetzen. «Du nennst das einen Einsatz?», fragte ihn Soros. Ab Anfang September 1992 begann sein Hedge-Fund damit, britische Pfund im Wert von 10 Milliarden Dollar auszuleihen und damit D-Mark zu kaufen. Die geliehene Summe entsprach dem Eineinhalbfachen der verwalteten Vermögen seines Finanzvehikels. Es ist die Art von Spekulation, nach der ein Investor in der Regel steinreich oder bankrott ist.

Der 16.September 1992 wurde zum «Schwarzen Donnerstag»

Soros’ Kalkül ging auf: Am Morgen des Mittwoch, 16.September 1992, versuchten die Briten noch einmal, das Pfund mit Leitzinserhöhungen zu stützen, auch die Franzosen eilten ihnen zu Hilfe.

Am Abend desselben Tages musste die Bank of England Forfait geben und den Austritt aus dem Währungssystem bekanntgeben. Der Wechselkurs des Pfundes gegenüber der D-Mark fiel in den Tagen danach um 15 Prozent. Soros konnte seine Schulden in der britischen Währung zu einem viel tieferen Kurs, als er sie geliehen hatte, zurückzahlen und verdiente so in wenigen Tagen über eine Milliarde Dollar. In Grossbritannien spricht man heute vom «Schwarzen Donnerstag», und Soros gilt als der «Mann, der die britische Notenbank knackte».

Soros verneinte im Nachhinein zwar, dass seine Wette zur Kapitulation der Bank of England geführt hatte. Doch das Image als rücksichtsloser Investor und Strippenzieher – ob gerechtfertigt oder ungerechtfertigt – wurde er seither nicht mehr los.

Auch in den Jahrzehnten danach erzielte er mit spektakulären Wetten auf das Aufbrechen von makroökonomischen Ungleichgewichten und Finanzblasen hohe Gewinne, manchmal aber auch Verluste. Er wettete gegen den thailändischen Baht (ab 1997) und den japanischen Yen (ab 2012) und verdiente Milliarden. Er sah auch die Dotcom-Blase voraus, allerdings war er einige Jahre zu früh mit seinen Leerverkäufen. Eine Fehleinschätzung, die ihn viel Geld kostete.

Enormer Durchhaltewille

Was Soros als Makro-Investor auszeichnet, ist sein politischer Instinkt, verbunden mit einem breiten Wissen über die Dynamik der Finanzmärkte und einer enormen Risikobereitschaft, wenn es die Situation erfordert.

Seine Biografie lässt erahnen, woher der Durchhaltewille kommt. Der 1930 in Budapest in eine jüdische Familie geborene Soros überlebte den Holocaust, wanderte nach dem Zweiten Weltkrieg im Alter von 17 Jahren nach England aus, wo er an der London School of Economics studierte und sich dann vom Souvenir- zum Börsenhändler in New York hocharbeitete, bevor er seinen eigenen Hedge-Fund gründete.

Soros hat über die Jahre seine eigenen Theorien über die Funktionsweise der Finanzmärkte entwickelt und hält weitverbreitete ökonomische Theorien für widerlegt. So glaubt er nicht daran, dass Finanzmärkte effizient sind, also dass die Kurse von Wertpapieren jederzeit sämtliche auf dem Markt verfügbaren Informationen abbilden. Er glaubt auch nicht an das Konzept der rationalen Erwartungen, das besagt, dass Individuen auf der Basis der verfügbaren Informationen im Durchschnitt die korrekten Entscheidungen treffen.

Stattdessen ist er überzeugt, dass die alles andere als rationalen Erwartungen der Finanzmarktakteure die Kursentwicklung beeinflussen und diese wiederum die Erwartungen der Marktteilnehmer. Das nennt Soros Reflexivität. Die Menschen formen die Realität, und die Realität formt den Menschen.

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Serie Was Anleger von Buffett, Soros und Kostolany lernen können – und was nur Legenden sind Was Filmstars für Hollywood, sind Börsengurus für die Aktienmärkte. Sie zeigen dem durchschnittlichen Anleger, wie der Idealfall aussehen könnte und wie die Reichen agieren. Doch auch hier ist vieles nur Schall und Rauch.

Werner Grundlehner

George Soros: Der Mann, «der die Bank of England knackte» (2024)

FAQs

What did George Soros do to the Bank of England? ›

But perhaps his most famous achievement was his role in the 1992 currency crisis that forced the British government to withdraw from the European exchange rate mechanism (ERM) and devalue its currency, the pound sterling.

Who does the Bank of England answer to? ›

Who holds the Bank of England to account? As a public body, we are answerable to the UK public through the UK parliament. In Parliament, the House of Commons Treasury Committee Opens in a new window holds us to account. They regularly question our senior members of staff, including our Governor.

Who was the trader who destroyed the Bank of England? ›

In September 1992, George Soros orchestrated a historic trade, famously dubbed "The man who broke the Bank of England," marking a pivotal moment in financial history.

Who corrupted the Bank of England? ›

George Soros, the man who broke the Bank of England, now trying Hindenburg-styled ambush against Adani - The Economic Times.

How does George Soros make his money? ›

How Did George Soros Make His Money? George Soros founded his first hedge fund, Double Eagle, in 1969. With profits from this fund, he started Soros Fund Management, in 1973. 4 Eventually, Double Eagle was renamed the Quantum Fund, and it became the primary hedge fund that Soros advised.

What currency did George Soros bet against? ›

In the early 1990s, Soros began stockpiling his massive bet against the British pound. In 1990, England entered Europe's exchange rate mechanism (ECR), which was a system for valuing the various currencies of Europe against each other.

Where does Bank of England get its money from? ›

Although we are a public body, we do not get a budget from the UK Treasury. Instead, we generate the funds we need for our work by: The Bank of England Levy funds the costs of the Bank's monetary policy and financial stability operations.

How much gold is in the Bank of England? ›

As of 2024, the Bank of England holds approximately 310 tonnes of gold for the UK. The Bank's vault, as seen below, holds all of Britain's gold reserves. Most is 24 carat gold but some, older gold is likely 22 carat or even 900 purity depending on the age and origin. The Bank of England's gold reserves.

How is the money kept in banks protected? ›

If your bank, building society or credit union fails and can't pay back your money, FSCS can automatically pay you compensation. Your provider must be authorised by the Prudential Regulation Authority (PRA) - you can check this on the Financial Services Register.

How did George Soros break the British Pound? ›

Soros's bet hinged on the fact that the pound was overvalued and that the British government would eventually be forced to devalue it. He began buying up German marks and selling pounds, betting that the pound would fall in value.

What is the oldest bank in the world? ›

The oldest bank still in existence is Banca Monte dei Paschi di Siena, headquartered in Siena, Italy, which has been operating continuously since 1472.

What happened in 1997 to the Bank of England? ›

The Chancellor, Gordon Brown, has given the Bank of England independence from political control. His surprise announcement - coming only four days after Labour's landslide election win - is being described as the most radical shake-up in the bank's 300-year history.

What was the 88888 account? ›

On 3 July, Leeson opened an error account, 88888, for BFS. The account was originally opened to report error trades made by inexperienced staff of BFS. However, Leeson used the account for his unauthorised trading.

Who owns the gold in the Bank of England? ›

Who owns the gold at the Bank of England? We only own two gold bars. Both of these are on display in our museum. Instead, we store the UK's gold reserves on behalf of HM Treasury Opens in a new window, and we also store gold bars on behalf of other central banks and certain commercial firms.

Who owns the Bank of England now? ›

It is owned wholly by HM Treasury, since being nationalised in 1946. In 1998 it was given certain powers, which are sometimes described as 'independent', but this does not alter the ownership. As the Bank describes it on its own website: “We are owned by the UK government.

What does George Soros have to do with BlackRock? ›

George Soros Blackrock Inc.

The first Blackrock trade was made in Q4 2009. Since then George Soros bought shares seven more times and sold shares on ten occasions. The investor completely sold their stake between Q3 2018 and Q1 2020.

What did the Bank of England do? ›

The bank was privately owned until 1946, when it was nationalized. It funds public borrowing, issues bank notes, and manages the country's gold and foreign-exchange reserves.

How much leverage did George Soros use? ›

On Wednesday, September 16, Soros leveraged the entire $1 billion value of his fund, and was able to take a $10 billion position against the pound. The $10 billion bet against them was the final blow, causing the government to announce a devaluation.

What was the cause of the Black Wednesday? ›

Black Wednesday refers to the 16th of September 1992, when a crash of the pound sterling forced Britain to exit the European Exchange Rate System (ERM). The United Kingdom was pushed out of the ERM because the value of the pound could not keep it from falling below the lower limit defined by the ERM.

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Author: Greg O'Connell

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Name: Greg O'Connell

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